Samstag, 27. April 2019

Roadtrip No. 2, Part 1: From Montreal to Winnipeg

Liebe Freunde,
nach dem 3-wöchigen Urlaub mit meiner Mum in Ostkanada befinde ich mich nun wieder auf einem Roadtrip, diesmal in Richtung Westen und zurück zu meinem Ausgangspunkt Valemount in British Columbia.  Diesmal bin ich aber nicht allein unterwegs, sondern habe über eine Facebook Gruppe zwei „Travelbuddys“ gefunden. Dies sind zum einen Jaspar aus Deutschland, der bei mir im Auto mitfährt und Johannes aus Österreich, der ein eigenes Auto hat und wir nun im Konvoi unterwegs sind. Nachdem wir letzten Mittwoch bei unserem ersten Treffen in Montreal beim deutschen Stammtisch beschlossen hatten, den Trip zusammen anzutreten, sind wir am Freitagmorgen auf unsere erste Etappe aufgebrochen.

Tag 1: Montreal (Quebec) —> West Nipissing (Ontario), 705 km, Fahrzeit 8 h
Immer entlang des Trans Canada Highways verließen wir endlich die Stadt und ihre suburbs und versuchten zunächst einen Canadian Tire oder Wallmart aufzusuchen, denn die Jungs wollten sich Schlafsäcke und weiteres Zubehör kaufen. Leider hatten wir nicht bedacht, dass auch in Kanada am Karfreitag die Läden geschlossen haben. So fuhren wir weiter im stetigen Regen bis nach Deep River, wo wir Helen besuchten. Sie ist eine Freundin von Jaspars Couchsurfing Host Ronald und er hatte uns bei ihr zum Kaffee trinken angemeldet. Dort angekommen waren wir alle froh über eine kleine Fahrpause und genossen den Kaffee und die Konversation mit der netten Helen. Sie zeigte uns anschließend auf einem kleinen Spaziergang ihre Heimatstadt, die noch sehr im Winterschlaf ruhte. Nach einer Stunde Pause setzten wir unsere Fahrt fort und erreichten am Abend das kleine Städtchen West Nipissing. Dort hatten wir eine Übernachtungsmöglichkeit via Couchsurfing bei Anik gefunden. Sie lebt in einem kleinen Haus am Rande der Stadt und empfing uns etwas verschlafen. Schon in ihrer  Bestätigungsnachricht hatte sie angemerkt, ihr Haus sei „a mess“, d.h. unaufgeräumt und/ oder chaotisch. So war es dann zugegebenermaßen auch 😅 An den Wänden hatte sie verschiedene Farbproben ausprobiert und auch die Einrichtung wirkte sehr sporadisch. Im Obergeschoss, wo wir schlafen dürften, waren die Räume so gut wie leer bis auf ein paar Klamotten. Aber wir konnten zwei Matratzen ausfindig machen und ein Schlaflager für uns aufbauen. Anik redete wie ein Wasserfall und freute sich offensichtlich über ein bisschen Gesellschaft. Wie wir im Laufe des Abends heraus fanden, lebt sie nicht freiwillig hier. Nach jahrelangen Drogenexessen und einem Leben am Limit wurde bei ihr im Alter von 41 Jahren eine Bipolare Störung festgestellt und sie wird seitdem medikamentös behandelt. Erst seitdem kann sie ein halbwegs normales Leben führen, aber natürlich haben die Drogen ihre Spuren hinterlassen, sodass ihre Eltern Sorge für sie tragen und sie zurück in ihre Heimatstadt und dieses Haus geholt haben, wo sie seit 1,5 Jahren allein lebt. Sichtlich unglücklich darüber schimpfte Anik auf unserer kleinen Tour durch die Stadt, auf der Suche nach etwas Essbarem und Bier, ununterbrochen über alles und jeden. Zurück im Haus konnten wir sie etwas beruhigen, indem wir vorschlugen einen Film zu schauen. Im Endeffekt schien sie einfach einsam zu sein und versuchte in der Kürze der Zeit, alles was ihr auf dem Herzen lag, loszuwerden. Später schlugen wir unser Nachtlager auf und Anik blieb auf der Couch, denn sie bewohnt die obere Etage nicht, weil es ihr zu viele Räume sind. Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns dann nach einem kurzen Frühstück mit gemischten Gefühlen, denn abgesehen von dem Chaos indem Anik lebt, war es ein interessanter Aufenthalt. Sie war sehr aufgeschlossen und hat offen über ihre Probleme geredet und versucht, es uns so angenehm wie möglich zu machen. Ich fand es wieder einmal beeindruckend, wie Menschen, die selbst wenig haben, trotzdem noch versuchen etwas davon abzugeben und anderen zu helfen. Es tat mir leid, dass wir ihr außer einem Bagel zum Frühstück nichts weiter geben konnten und wir alle waren froh, diese Erfahrung gemacht zu haben. So musste ich mich persönlich zunächst ein bisschen überwinden, um mich bei ihr einzufinden. Manchmal ist es aber gut, unsere Komfortzone zu verlassen und in ein anderes Leben einzutauchen. Ich wünsche Anik, dass sie zukünftig ihren Weg in dieser realen Welt besser finden kann und beständig bleibt.

Deutsch-Österreichische Reisegesellschaft: Katy, Johannes und Jasper

Unterwegs in Deep River mit Helen

Roadtrippin



Tag 2: West Nipissing—> Sault St. Marie (Ontario), 397 km, Fahrzeit 4:30 h
An Morgen des zweiten Tages enterten wir zunächst den nächstgelegenen Canadian Tire, wo sich die Jungs alles Nötige kauften, um zur Not auch mal im Auto schlafen zu können. Zudem tauschten wir bei beiden Autos die Luftfilter, um hoffentlich ein bisschen Sprit zu sparen. Erst gegen späten Vormittag fuhren wir richtig los und fanden nach ein paar Stunden einen schönen Platz zum Mittag essen. Die Sonne war endlich zum Vorschein gekommen und so konnten wir draußen auf einer Bank, an einem Fluss unser Lunchpaket plündern. Bei einer späteren Pause aßen wir unser erstes Eis diesen Jahres hier in Kanada. Das schmeckte nach den letzten kalten Wochen nun umso besser.
Bereits am frühen Abend erreichten wir unsere nächste Couchsurfing Unterkunft, diesmal bei Gerry und seiner Familie. Wir wurden direkt von den drei Kindern empfangen. Dies waren zum einen die zwölfjährigen Zwillingsbrüder David und Greg und ihre zwei Jahre ältere Schwester Tamara. Nachdem wir unser Zimmer im Keller des kleinen Hauses bezogen hatten, wollten wir noch ein bisschen die Abendsonne genießen und baten die Jungs, uns ihre Nachbarschaft zu zeigen. Sie führten uns zu einem Spielplatz in der Nähe, wo wir lernten „Grounder“ zu spielen. Bei diesem Spiel befinden sich alle Teilnehmer auf einem Klettergerüst und müssen versuchen einem Fänger, der allerdings die Augen verschlossen haben muss, zu entkommen ohne den Boden zu berühren. Denn wenn der Fänger jemanden auf dem Boden hört, kann er laut „Grounder“ rufen und der Spieler gilt als gefangen. Es war nicht ganz einfach sich auf dem Klettergerüst quasi blind zurecht zu finden, sodass ich persönlich ein bisschen schummeln musste, um überhaupt jemanden zu fangen. Die Kids waren nämlich sehr geübt in dem Spiel und kannten den Spielplatz in und auswendig. Es war auf jeden Fall witzig und die Jungs sehr erfreut darüber, dass wir mit ihnen ihr Lieblingsspiel ausprobiert hatten. Pünktlich zum Abendessen waren wir zurück, welches Tamara zubereitet hatte. Wir verlebten einen netten und sehr interessanten Abend, denn die drei Kids werden zu Hause von ihrer Mutter beschult. Es war beeindruckend etwas über diese Art und Weise des Lernens zu erfahren, bei der klar die individuelle Talentförderung im Mittelpunkt steht. So konnte Tamara hervorragend kochen und Geige spielen, Grag verzauberte uns mit einem kleinen Gitarrenkonzert und David ist der Sportler der Familie. Alle drei sind sprachlich sehr bewandert und hatten eine für ihr Alter weit entwickelte Ausdrucksweise und einen sehr höflichen Umgangston. Weiterhin beeindruckte uns, dass die Familie für zwei Monate in Mexiko gelebt hatte und dort auch bei Couchsurfern zu Gast war. Sie sind allesamt sehr weltoffen und eine sehr interessante Familie. Am nächsten Morgen wurden wir noch zum Frühstück eingeladen, welches Grag zubereitet hatte. Es war eine tolle Erfahrung und so lieb, dass diese 5-köpfige Familie in ihrem kleinen Haus noch uns drei Couchsurfer aufnahm und verköstigte.

Mittagspause mit Ausblick

Erstes Eis in Kanada 2019

Ein Mennoniten Familie

Unterwegs mit Grag und David


Tag 3: Sault St. Marie (Ontario) —> Nipigon (Ontario), 586 km, Fahrzeit 6:30 h
An diesem Tag erwartete uns ein, wie von unseren Hosts beschriebener, „scenic drive“ entlang des „Lake superior“. Schon am Vortag hatte sich der Highway auf einen Fahrstreifen pro Richtung verkleinert und führte durch eine weite, unbewohnte Wald-, Seen-, und Berglandschaft. So ging es auch an diesem dritten Tag weiter und wir hatten viele spektakuläre Aussichten und fuhren die meiste Zeit für uns allein, ohne anderen Autos zu begegnen. In „White River“ trafen wir auf eine Winnie the Pooh Statue, denn hier hatte im Jahr 1914 der Soldat Harry Colebourn ein verwaistes Schwarzbärbaby aufgenommen, sie nach seiner Heimatstadt Winnipeg auf den Namen Winnie getauft und mit nach Europa genommen. Er zog die kleine Bärin selbst auf und übergab sie 1919 dem Londoner Zoo, wo sein Sohn Christopher Robin und der Autor A. A. Milne sich weiter um Winnie kümmerten. Milne entwickelte daraus das berühmte Kinderbuch über den gleichnamigen Bären. Eine schöne Geschichte, die mir so vorher nicht bekannt war und die ich umso schöner fand, hatte ich doch auf einem meiner letzten Flüge den Film „Christopher Robin“ gesehen und sehr gemocht.
Nach dieser netten Begebenheiten fuhren wir weiter und kamen am frühen Abend in Nipigon an, wo wir bei Doug und Jodi Quartier gefunden hatten. Eigentlich leben die beiden mit ihren 6 Kindern in Thunder Bay. Da Doug als Arzt aber gelegentlich im kleinen Krankenhaus in Nipigon aushelfen muss, haben sie auch hier ein Haus, in dem sie uns willkommen hießen. Zunächst lernten wir nur die beiden jüngsten Kinder Emily (14) und Charleston (10) sowie Hund Koira kennen, mit der Johannes und ich sogleich einen Spaziergang machten, um die etwas gestresste Jodi zu entlasten, denn diese steckte mitten in den Vorbereitungen für das Osterdinner. So wurden wir an diesem Abend zu Truthahn mit Kartoffeln. Soße und einem Rüben-Käse-Auflauf eingeladen. Es schmeckte vorzüglich und auch Doug und Jodi sind sehr liebe und nette Menschen, mit denen wir uns auf Anhieb verstanden. Später spielten wir mit Charleston Black Jack und ich half Jodi beim entpolstern ihrer Stuhlkissen. Am nächsten Morgen machte ich einen schönen Spaziergang mit Koira und genoss die Sonne. Beim Frühstück sprachen wir über unsere weiteren Reisepläne. Da wir für diesen Tag noch keinen Couchsurfer gefunden hatten und zudem gut in der Zeit lagen, um rechtzeitig am Mittwoch in Winnipeg anzukommen, waren wir also flexibel und freuten uns sehr über Jodis Angebot uns noch eine Nacht aufzunehmen, diesmal aber in ihrem eigentlichen Zuhause in Thunder Bay. Wir nahmen dankend an und konnten so den Tag entspannt angehen lassen.

In White River mit Winnie the Pooh

Der zum Teil noch gefrorene Lake Superior

Pause mit Ausblick

Osterdinner mit Doug und Jodi

Morgenspaziergang mit Hündin Koira


Tag 4: Nipigon —> Thunder Bay (Ontario), 114 km, Fahrzeit 1:20 h
Nach dem Frühstück spazierten wir durch das charmante Nipigon und fuhren dann gegen Mittag ins nur zwei Stunden entfernte Thunder Bay. Dieses gefiel uns eher weniger und wirkte auf mich wie eine kleinere Form von Detroit. Alles wirkte industriell und wir tranken in einer halb verlassenen Shoppingmall einen furchtbaren Kaffee. Anschließend fuhren wir auf Anraten von Doug zu den „Kakabaker“ Wasserfällen, die ein beeindruckendes Naturschauspiel boten. Hier fühlten wir uns wieder wohler und liefen eine Weile umher. Danach fuhren wir dann zu Doug und Jodi’s Haus, wo diese erneut in der Küche stand und einen Truthahn zubereitete, diesmal für ihre älteren Kinder. Die 4 Jungs bzw. Männer lernten wir nach und nach kennen und waren wieder einmal beeindruckt von diesem 8-köpfigen Haushalt. Wir versuchten Jodi ein bisschen unter die Arme zu greifen und übernahmen die Zubereitung der Nachspeise. Es war ein lustiger, etwas chaotischer Abend und wir
fühlten uns in die Familie aufgenommen. Am nächsten Morgen übernahm ich gern wieder den Spaziergang mit Koira und wir verabschiedeten uns nach dem Frühstück von diesen lieben Leuten.

Blick über Nipigon

Ein Spaziergang am Morgen 

Das Terry Fox Denkmal bei Thunder Bay

Auf den Spuren der Indianer

Die "Kakabaker Falls"




Tag 5: Thunder Bay —> Kenora (Ontario), 489 km, Fahrzeit 5:30 h
Auch an diesem Tag hatten wir wieder eine schöne Fahrt vor uns durch die Weiten der kanadischen Landschaft. Nach diesem etwas längeren Fahrtag freuten wir uns auf unsere nächste Unterkunft bei Jean Paul. Dieser traf uns am Highway, um uns dann zu seinem wunderschönen Grundstück zu geleiten, welches ein bisschen versteckt im Busch liegt. Dort angekommen konnten wir unser Glück kaum fassen, denn sein Haus ist direkt am Winnipeg River gelegen, in einer einzigartigen Lage! Jean Paul zeigte uns auf einem Spaziergang sein Anwesen und anschließend saßen wir draußen auf seiner Terrasse mit Blick auf den Fluss, tranken selbst gemachten Rotwein und aßen Käse und Snacks dazu. Es war herrlich und zur Krönung des Tages machten wir am Ufer ein kleines Lagerfeuer. Wir genossen die Natur und dass wir endlich bis in die Nacht draußen sitzen konnten. Auch am nächsten Morgen ging es ähnlich spektakulär weiter. Jean Paul machte uns zum Frühstück Bacon und eggs und wir konnten dies bei strahlendem Sonnenschein auf seiner wunderschönen Terrasse genießen. Es war wie im Paradies und auch unser Gastgeber war erneut sehr lieb und interessant! Da unsere Fahrt an diesem Tag nicht so lang war, konnten wir sogar anschließend noch eine Stunde in der Sonne chillen und die Seele baumeln lassen.

Ausblick über den Winnipeg River

Jean Paul´s Haus am See/ Fluss

3 glückliche Traveller

Wein, Käse und Snacks in der wunderschönen Natur, was will man mehr!

Die Krönung des Tages





Tag 6: Kenora —> Winnipeg (Manitoba), 209 km, Fahrzeit 2:30 h
Nachdem wir einen sehr entspannten Morgen hatten, wollten wir gegen 11 Uhr in Richtung Winnipeg starten. Dort sollte um 14 Uhr meine amerikanische Freundin Beckie landen, mit der wir die nächsten Tage verbringen wollten. Allerdings konnte kurz vor Abreise Jasper seine Jacke nicht finden und wir stellten fest, dass unser Host Jean Paul sie wohl mit seiner verwechselt haben musste und versehentlich sie mit zu seinem Ausflug in die Stadt genommen hatte. So entschieden wir, dass die Jungs erstmal dort blieben, um auf ihn zu warten. Ich fuhr also zunächst allein nach Winnipeg und kam etwas verspätet am Flughafen an. Aber am Ende klappte alles und Beckie und ich fanden uns dort. Am Abend kamen auch die Jungs dazu und nun verbringen wir ein paar Tage hier in der Stadt und haben ein AirBnB Häuschen gemietet. Nach 6 Tagen on the road waren wir froh, ein paar Tage Pause zu haben, um ein bisschen zu entspannen, unsere Wäsche zu waschen und ein paar organisatorische Dinge zu erledigen. Natürlich hat Beckie, als Meisterin der Planung, auch ein Sightseeing Programm ausgearbeitet und wir erkunden Winnipeg. Doch davon werde ich euch im nächsten Post berichten.
Bis dahin seid alle lieb gegrüßt aus der Mitte Kanadas von unserem deutsch-österreichischen-amerikanischen Gespann.
See y´all
Eure Katy

Frühstück in der Sonne



In der Mitte Kanadas angekommen

Grüße aus Winnipeg

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen